Samstag, 1. September 2007

Von Figeac nach Condom

vom 30.9. - 13.10.2007

Basel, 1. September 2007
Habe beschlossen, meine Anreise nach Conques aufzuteilen. Werde zuerst nach Paris fahren, mit dem TGV dauert das nur 3.5 Std. Um 11.00 Uhr werde ich in Paris sein und habe dann den ganzen Tag um die Stadt zu geniessen. Abends gehe ich dann noch in die Buddha Bar wenn ich dazu Lust habe und werde auf meine nächste Pilgerreise anstossen. Am nächsten Tag fahre ich dann bis Conques wo ich zu einer christlichen Zeit nämlich um 15.30 Uhr ankommen werde. Die ganze Reise an einem Tag ist einfach zu lang und Conques ist einfach zu schön um erst nachts anzukommen.

Basel, 15. September 2007
Also, es gibt eine kleine Programmänderung: Ich werde jetzt in Figeac starten, da ich in Moissac Christian treffen werde und wir so noch 4 Tage zusammen bis Condom laufen können. Ich starte nun 2 Etappen nach Conques, ist nicht weiter schlimm, da ich nächstes Jahr sowieso den ganzen Camino laufen werde und dann all die Etappen welche ich ausgelassen habe nachholen kann...;-).
Mein Programm sieht jetzt so aus, dass ich am 29.9. den Nachtzug nach Figeac nehme. Ich werde um 5.45 morgens in Figeac ankommen. Am Nachmittag werde ich dann noch eine kürzere Etappe laufen damit ich am nächsten Tag nicht gleich mit einer Mammutetappe starten muss.
Heute in 2 Wochen geht es wieder los und ich freue mich schon riesig. Ich bin mittlerweile so gut organisiert, dass ich nur noch meine Packliste ausdrucken und die Sachen ergänzen muss welche fehlen.
Ich bin gespannt, ob mich die Zweifel und Ängste auch dieses Mal wieder packen werden aber mittlerweile weiss ich, dass man am besten nicht auf seinen Verstand hört und einfach einen Schritt nach dem anderen macht.

Basel, 22. September 2007
Heute in einer Woche um diese Zeit bin ich in Paris wo ich um 22.30 den Nachtzug nach Figeac besteigen werde. Ich habe ein Bett im Liegewagen reserviert, d.h. Ohropax rein, Schlaftablette schmeissen und durchschlafen bis zum nächsten Morgen. Ausgiebiges Frühstück in Figeac, Stadtbesichtigung, evt. noch Proviant einkaufen und dann geht es los.
Bis jetzt überwiegt die Vorfreude und es sind noch gar keine Ängste hochgekommen. Bin ja auch langsam ein alter Hase...;-), schliesslich ist dies schon mein dritter kleiner Camino! Auch weiss ich gar nicht vor was ich eigentlich Angst haben soll. Dieser Camino wird bestimmt nicht einsam werden wie der letzte, schliesslich laufe ich wieder auf der Via Podiensis. Wobei das Laufen in der Einsamkeit sehr schön war, wenn auch manchmal ein Härtetest.

Im Zug von Basel nach Paris, 29. September 2007
Sitze im Zug nach Strassburg wo ich den TGV nach Paris nehmen werde. Wie immer gehen mir ganz viele Gedanken durch den Kopf. Ängste suche ich vergebens, Gott sei Dank, dafür ist da viel Vorfreude aber auch Unsicherheit was mich wohl auf diesem Weg erwarten wird. Der erste Schritt ist doch auch immer ein Schritt ins Ungewisse wobei ich bis jetzt ja noch keinen Schritt gemacht habe da ich bequem in Zug sitze und zu meinem Startpunkt fahre. Das nächste Mal wenn ich mich auf den Jakobsweg begeben werde, werde ich den ersten Schritt wirklich vor meiner Haustür setzen. Dies wird denn auch ein ganz spezieller Moment sein. Aber jetzt will ich mal nicht vorgreifen, denn zuerst steht die Etappe von Figeac nach Condom an. Ich freue mich total wieder auf die Via Podiensis zurückzukehren und andere Pilger zu treffen. Hoffe ich jedenfalls man weiss ja nie vielleicht grassiert ja in Frankreich das Pilgersterben wenn ich unterwegs bin...;-). Spätestens in Moissac werder ich ja Christian treffen.
Von Strassburg bis Paris sind es noch knapp 2.5 Std. mit dem TGV. Früher brauchte man von Basel nach Paris mit der schnellsten Verbindung ca. 5 Std. Heute ist man in 3.5 Std. in Paris. Ist schon klasse muss ich sagen. Da lohnt sich das Fliegen ja kaum noch vor allem wenn man Flugangst hat wie ich.
In Paris ist mir gleich mal der i-Pod auf den Boden gedonnert aber er funktioniert noch! Habe viele Hörspiele aufgenommen die ich dann Abends hören kann. Diese Idee ist mir bei meiner letzten einsamen Wanderung von Cluny nach Le Puy gekommen, wo ich mich abends mit niemandem unterhalten konnte. Jetzt kann ich zumindest spannende Geschichten hören.
In Paris bin ich mit der Metro zum Bahnhof Austerlitz gefahren. Es war schon nach 22.00 Uhr und in der Metro hatte es nur dunkle Gestalten, ein bisschen mulmig war mir schon und ich war froh, als ich aussteigen konnte. Jetzt sitze ich hier in einer Bar und trinke ein völlig überteuertes Bier aber man gönnt sich ja sonst nichts...;-). Der Bahnhof von Austerlitz ist schon speziell, richtig schön alt sogar die Züge sehen irgendwie alt aus. Es hat ein Gruppe von jungen Leuten in militärischer Uniform. Die französische Uniform ist ja richtig schick wenn ich es mit der von den Schweizern vergleiche. Ich sehe auch Frauen darunter, scheinbar machen die hier auch Militärdienst. Um 23.00 fährt mein Zug, habe eine Couchette reserviert und hoffe, schlafen zu können.
Bin in einem Abteil voller Männer untergekommen aber das stört mich nicht weiter, da ich ja meine Ohrstöpsel dabei habe und von dem evt. Schnarchkonzert nichts mitkriegen werde. Mache mein Bett, gehe noch schnell aufs Klo und dann ab ins Bett. Die Liege ist etwas hart aber es wird schon gehen. Nehme noch eine Schlaftablette und hoffe auf eine kurze und erholsame Nacht.


Figeac, 30. September 2007

Sitze auf einer Bank vor der Kirche und warte darauf, dass es hell wird. Lange wird es nicht mehr dauern und es ist Gott sei Dank nicht kalt. Wenigstens ist die Kirche schön beleuchtet und ich habe Licht zum schreiben (noch schöner wäre, wenn sie schon offen wäre..;-).
War schon komisch um 5.45 hier in Figeac anzukommen es fühlt sich an wie mitten in der Nacht. Es ist Sonntag, die Stadt schläft noch und ich laufe durch die leeren Gassen auf der Suche nach einem Kaffee. Immerhin habe ich schon eine Bäckerei gefunden welche offen hat und bin daher schon zu meinem ersten Croissant gekommen. Auf der gegenüberliegenden Seite soll es ein Restaurant geben welches um 7.00 öffnen soll aber im Moment sitze ich gut hier und habe eine schöne Aussicht über die schlafende Stadt. Um 7.30 fängt es an hell zu werden und ich mache mich auf die Suche nach meinem wohlverdienten Kaffee. Das Restaurant hat auch wirklich schon offen, nur ist es total voll mit einer Reisegruppe und ich habe so früh am Morgen keine Lust auf so viele Menschen. Beschliesse mir ein ruhigeres Plätzchen zu suchen. Werde dann fündig auf der anderen Seite der Célébrücke in einem Hotel. Jetzt wird erstmal ausgiebig gefrühstückt und dann geht es los auf meiner ersten Etappe.
Habe auf der Zugfahrt von Paris nach Figeac kaum geschlafen und bin dementsprechend müde. War nach 2.5 Std. schon wieder wach und vor lauter Angst zu verschlafen und nicht geweckt zu werden, habe ich kein Auge mehr zugetan. Um 5.15 stand ich schon auf dem Gang, bereit auszusteigen. Die Ironie des Schicksals kam dann in Form eines Schaffners der alle Schlafenden welche in Figeac aussteigen mussten geweckt hat. Ja, ja unnötige Sorgen habe ich mir da wieder gemacht und deshalb eine schlaflose Nacht verbracht. Werde deshalb wahrscheinlich nicht soweit kommen heute aber ich habe ja auch extra eine kurze Etappe geplant.
Mache noch eine kleine Rundtour durch das erwachte Figeac, es ist schön hier und gefällt mir gut. Noch schnell etwas Proviant einkaufen, vor allem Früchte und Tomaten, Brot und Trockenfleisch habe ich noch von zu Hause mitgebracht. Habe Vollkornschnitten dabei da es in Frankreich, auf jeden Fall entlang des Weges, nur Weissbrot zu kaufen gibt. Das weisse Brot wird sehr schnell trocken und die Vollkornschnitten haben mir letztes Mal fast die ganzen 2 Wochen gereicht.

Pech Ibert (Camping Halbpension € 30), 30. September 2007
Bin auf dem Campingplatz von Pech Ibert und habe ein kleines Châlet ganz für mich alleine. Vor dem Châlet hat es eine kleine Veranda und ich habe sogar eine eigene Dusche und WC. Wenn ich Proviant dabei hätte könnte ich hier sogar kochen.
Hatte heute keinen guten Tag. Das Wetter war schön und windig aber ich war einfach total übermüdet von meiner schlaflosen Nacht im Zug. Habe in Faycelles, einem wunderschönen Ort, im La Forge zu Mittag gegessen. Es gab Salat und Fisch, war total lecker und natürlich viel zu viel. Meine Pilgerseele brauchte ein bisschen Zuwendung und Nahrung nach diesem schwierigen Start. Mir sind auch schon die ersten Pilger begegnet, ein Paar aus Frankreich, bin halt wieder auf der Via Podiensis...;-).
In Faycelles gab es eine Telefonkabine und ich wollte mir auf dem Campingplatz einen Platz reservieren aber leider hat niemand abgenommen. Habe dann beschlossen trotzdem weiterzulaufen und mein Glück zu probieren. Mein Verstand hat mich die ganze Strecke damit gequält, ob es nun Platz hat oder nicht und was ich mache wenn es keinen hat. Hatte nicht genug Energie diese negativen Stimmen in meinem Kopf beiseite zu schieben. Mit diesen irrationalen Ängsten kann ich nur schwer umgehen und wie mehr man ihnen Platz gibt desto grösser werden sie. Dementsprechend schlecht war dann meine Stimmung und natürlich waren alle die Ängste und Sorgen welche ich mir gemacht habe völlig unnötig. Die Hauptsaison ist vorbei und die Chancen ein Bett zu finden sehr gross. Ich muss wieder mehr Vertrauen finden und vor allem im Moment bleiben.
Es ist richtig stürmisch heute Abend, bin ja mal gespannt, was mich Morgen erwartet. Normalerweise kriege ich ja das schlechte Wetter am ersten Tag. Schlechtes Wetter war heute aber nur in meinem Kopf.
Habe beschlossen, meine schlechte Stimmung einfach los zu lassen und von da an ging es mir gleich besser. Der Monsieur vom Campingplatz hat mir eine total leckere Gemüsesuppe gekocht, Balsam für meine Seele. Anschliessend gab es eine Pizza, Käse und einen selbst gemachten Apfelkuchen. Hätte nicht gedacht, dass ich sogar auf dem Campingplatz ein 4-Gangmenü bekomme. So hat der erste Tag doch noch einen guten Abschluss gefunden. Monsieur Chassain hat mir von einer Alternativroute (GR651) durch das Célétal erzählt. Habe Bilder von diesem Weg gesehen, sieht total schön aus. Habe aber keine Angaben für Übernachtungsmöglichkeiten und werde deshalb diese Variante nächstes Jahr einplanen wenn ich den ganzen Weg laufe. Dann kommt man nämlich auch an diesen Grotten bei Pech Merles vorbei.

Gaillac (Gîte € 18 mit Frühstück), 1. Oktober 2007
Ich sitze auf dem Balkon in der warmen Abendsonne und geniesse die schöne Aussicht. Was hätte ich doch jetzt gerne ein Bier aber da wo ich abgestiegen bin in Gaillac gibt es absolut nichts, tote Hose. Dafür habe ich mir in Cajarc, in weiser Voraussicht schon ein Panaché gegönnt. Um meine morgige Etappe nach Varaire etwas abzukürzen bin ich hier in Gaillac abgestiegen, sonst hätte ich Morgen 24 km machen müssen. Bin jedoch immer noch in der Einlaufphase und möchte mich nicht überanstrengen. Habe mal wieder die ganze Gîte für mich alleine. Entweder ich laufe auf Nebenstrecken wie im Sommer von Cluny nach Le Puy oder am Ende der Saison...;-). Nette Gesellschaft wäre jetzt schön aber es ist auch OK alleine zu sein. Das einzige was mir wirklich fehlt zu meinem Glück heute ist ein Bier, das entspannt so schön.
Bin heute 22 km gelaufen und im Vergleich zu gestern war ich unterwegs wie ein Schmetterling. Gestern war nun wirklich nicht mein Tag! Habe aber sehr gut geschlafen, mindestens 10 Stunden. Mein Schlafmanko ist daher Schnee von Gestern.
Am Morgen bin ich leichtfüssig und bester Laune gestartet. Die Sonne war gerade aufgegangen und hat die Nebelfelder vertrieben. Ich liebe diese Stimmung am Morgen, es ist einfach die schönste Zeit! Während dem Laufen haben sich dann nochmals ein paar Ängste und Sorgen bemerkbar gemacht aber die habe ich einfach weggewischt. Nach 10 Stunden Schlaf haben die keine Chance!
Unterwegs ist ein Reh vor mir über den Weg gesprungen, es blieb einen Moment stehen, hat sich umgesehen und ist dann weiter. Wahrscheinlich war es auf der Flucht vor den Jägern, es ist Herbst und Jagdsaison. Hoffe, dass mich keiner mit einem Reh verwechselt, sonst ist es dann vorbei mit meiner Wanderschaft.
Habe heute meinen ersten Dolmen gesehen, ist schon beeindruckend und man fragt sich, wie diese riesigen Steinplatten platziert worden sind. Es soll in dieser Gegend viele Dolmen geben, ca. 800 habe ich irgendwo gelesen. Ich bin viel durch lichte Eichenwälder gelaufen und überhaupt ist der Weg sehr schön. Habe gehört, dass die Strecke von Conques bis Figeac vor allem der Strasse entlang führt. Wenn das stimmt, habe ich ja nicht viel verpasst! Und überhaupt kann ich alle Etappen (bis jetzt sind es 3) nächstes Jahr nachholen. Das Wetter ist auch sehr angenehm auf Donnerstag oder Freitag haben sie Regen gemeldet. Macht nichts wir nehmen es wie es kommt.

Varaire, (Gîte les Marronniers, Halbpension € 29), 2. Oktober 2007
Bin ca. 17.30 in Varaire angekommen. Musste mich erstmal setzen und ein Bier trinken. Der Monsieur hat mich gefragt ob ich "un demi" möchte worauf ich meinte Nein ich hätte gerne ein kleines Bier. Un demi ist aber nicht 1/2 lt Bier wie ich gemeint habe sondern 2.5 dl. Schon wieder etwas dazugelernt!
Sitze in der Sonne, massiere meine Füsse und trinke Tee welcher mir eine Pilgerin angeboten hat. Heute Abend bin ich in einer Gîte volle Leute! Dies ist für mich direkt ein grosses Ereignis. Die ersten zwei Nächte war ich völlig alleine. Es tut gut zu reden, zu lachen und überhaupt sich mit anderen Menschen auszutauschen. Man trifft in Frankreich vor allem Wandergruppen und nur wenig Pilger. Hier ist aber ein Pilger aus Winterthur und er ist richtig froh, wieder einmal Schweizerdeutsch reden zu können. Er hat den ganzen Weg von Winterthur bis hierher gemacht aber in Etappen. Er macht pro Tag locker 30 - 40 km, und ernährt sich tagsüber von dem was er so am Weg vorfindet. Glaube nicht, dass ich ihn wiedersehen werde, bei diesem Tempo kann ich kaum mithalten.
Der Herbst ist wirklich eine der schönsten Jahreszeiten zum Wandern und vor allem findet man viel essbares wie Esskastanien welche man sammeln und abends in der Gîte zubereiten kann sowie Trauben, Zwetschgen, Aepfel, Baumnüsse, Pilze, Brombeeren, Himbeeren usw. Verhungern kann man also nicht. Ausserdem ist eine Gruppe von 3 Franzosen unterwegs, alles Frührentner und eine andere gemischte Gruppe. Das Durchschnittsalter ist zwischen 55 und 70. Es ist mir schon aufgefallen, dass vor allem Rentner und Frühpensionierte zu dieser Jahreszeit unterwegs sind. Bin direkt ein junges Küken mit meinen 46 Jahren...;-). Die meisten in dieser Gîte gehen Morgen direkt bis Cahors, das schaffe ich aber nicht und es gibt ja auch keinen Grund mich zu beeilen.

Bin wieder viel durch Eichenwälder gelaufen, es war sehr schön heute aber auch heiss. In Limogne wollte ich mir wieder einmal etwas gutes tun und habe im Rince Cochon (?), welches mir empfohlen wurde, zu Mittag gegessen. Es gab Cassoulet was ein Bohneneintopf mit Speck und Würsten ist. Das Essen ist mir schwer aufgelegen und danach ging fast nichts mehr. Ich habe für die restlichen 7 km fast 3 Stunden gebraucht! Hätte mich am liebsten hingelegt und geschlafen. Habe mich nur mühsam dahin geschleppt und musste mich immer wieder hinsetzen. Von jetzt an werde ich nie mehr zu Mittag essen!!! Wie heisst es so schön? Sag niemals nie oder so ähnlich? Na, wir werden ja sehen.
Im Restaurant sind mir 2 alte, kauzige Engländer begegnet welche sich über alles beschwert haben. Sie haben auf den Bus nach Cahors gewartet da der Weg ihrer Meinung nach nicht schön und vor allem zu steinig wäre. Ausserdem gäbe es nicht genug Bars und Restaurants am Wege um anzuhalten. Ja und überhaupt wäre es in Spanien viel schöner. Wer bitte hat den gesagt der Jakobsweg sei ein Spaziergang und zudem muss man schon mit geschlossenen Augen laufen um den Weg nicht schön zu finden. Nur meine ganz persönliche Meinung. Ich hatte auf jeden Fall keine Lust mich weiter mit ihnen zu unterhalten und mir ihre Negativität reinzuziehen. Habe bezahlt und bin gegangen, zu Fuss und mit einem dicken Bauch vom Cassoulet.

Le Pech (Gîte Halbpension € 26), 3. Oktober 2007
Komme heute gar nicht dazu Tagebuch zu schreiben, da ich kaum angekommen schon ein Bier in der Hand habe. Die Wandergruppe bestehend aus 2 Franzosen, 2 Schotten und einem Kanadier ist auch hier abgestiegen. Sind also doch nicht alle direkt bis Cahors gelaufen. Einer der Schotten ist es natürlich welcher mir gleich ein Bier in die Hand drückt. Es sind auch noch 2 Franzosen aus Lyon hier welche von Cajarc an einem Stück hierhergelaufen sind. Dies sind 44 km! Bin schwer beeindruckt. Die laufen sonst aber auch Marathon und sind völlig durchtrainiert. Ich muss mir immer wieder sagen, dass ich das nicht können muss. Bin eigentlich völlig OK mit meinen 20 - 25 km pro Tag.
Es gibt heute mal wieder Cassoulet, dieses liegt mir aber nicht so schwer auf wie jenes in Limogne, muss aber anschliessend auch nicht mehr weiterlaufen...:-).
Die heutige Etappe war sehr leicht, da es vor allem auf guten Wegen geradeaus ging und keine nennenswerten Steigungen zu bewältigen waren.
Nach dem Essen holt Jean-Marie seine Mundharmonika hervor und wir probieren zusammen zu singen. Nicht so einfach wenn man den Text nicht kennt. Draussen hört man einen Kauz, der tönt wie wenn man einen Blasebalg betätigen würde. Wir wissen nur, dass es sich um einen Kauz handelt, da die Madame der Gîte es uns gesagt hat. Tönt fast etwas unheimlich...
Teile mein Zimmer mit den beiden Lyonesen, welche am Abend vorher schon alles zusammen packen, da sie am nächsten Tag in aller Früh los wollen und mich nicht wecken wollen. Das nenne ich rücksichtsvolle Pilger...;-)! Ich weiss es zu schätzen.

Cahors (Maison du Pélérin, Übernachtung mit Frühstück € 15), 4. Oktober 2007
Bin um 12.30 in Cahors angekommen und habe wieder einmal zu Mittag gegessen, muss aber nachher nicht mehr weiter deshalb ist das auch völlig OK. Es gab Salat mit Entenstreifen und Magen (Gezier). Wenn ich vorher gewusst hätte was es ist hätte ich es wohl nicht gegessen, hat auch seltsam geschmeckt. Ist eine Spezialität von hier, dafür war der Rocamadour-Käse klasse.
Um 15.00 hat der Gìte La Maison du Pélérin aufgemacht welcher total neu ist, wurde erst im August eröffnet. Ist sehr zu empfehlen, es hat eine gute Küche mit Geschirrspüler, Waschmaschine und Trockner. Habe mal wieder meine Kleider gründlich in der Waschmaschine gewaschen, der reinste Luxus wenn man nicht von Hand waschen muss.
Bin dann anschliessend in die Stadt und habe die Altstadt besichtigt. Die Kathedrale ist eher speziell und ein völliger Stilmix, hat mir nicht sehr gefallen aber das ist Geschmackssache. Dafür ist die berühmte Brücke von Valentré wirklich sehr schön und ich habe auch den kleinen Teufel gesehen welcher an einem Turm klebt. Es gibt da auch einen kleinen Park der dem Lot entlang führt wo man sich sehr gut ausruhen kann zudem führt der Jakobsweg da entlang und verlässt die Stadt über den Pont Valentré.
Die 2 kauzigen Engländer sind immer noch hier, scheinbar hat es in dieser Stadt genügend Bars und Restaurants...;-). Sie werden Morgen auch bis Lascabanes weiterlaufen. Kann man ja nur hoffen, dass nicht zu viele Steine im Weg liegen...;-).
Heute Abend werde ich in der Gîte kochen und Essen, diese wunderschöne Küche muss man einfach ausnützen.
Wenn ich nächstes Jahr den ganzen Weg laufe, werde ich nur ab und zu Halbpension nehmen können und mir vor allem in der Gìte etwas zubereiten. Es rechnet sich nämlich ganz schön wenn man immer Halbpension nimmt. Dies ist völlig OK wenn man 2 Wochen Ferien hat aber das ganze über 3 Monate ist für mich zu teuer. Hoffe in Frankreich mit €20 pro Tag durchzukommen. Die Übernachtung in der Gîte kostet meistens ca. €11 und das Frühstück €4, bleiben €5 um Lebensmittel einzukaufen. Auch kann man das Frühstück weglassen und noch mehr einsparen. Bin von Cluny nach Le Puy öfters ohne Frühstück gestartet und habe mich von dem ernährt was ich noch dabei hatte, meistens Aepfel oder Tomaten. Die meisten Gîtes haben eine gut eingerichtete Küche mit Mikrowellenherd, da kann man sich im Supermarkt auch einfach mal eine Lasagne kaufen oder eine Pizza in den Ofen schieben. Es ist ja nicht so, dass ich jeden Abend ein 4-Gangmenü brauche...;-).

Lascabanes (Gîte communal, Halbpension € 28), 5. Oktober 2007
Was für ein Tag! Heute bin ich mehrere Stunden bei strömendem Regen gewandert. Meine Überhosen kamen zum ersten mal zum Einsatz. Pelerine und Überhose (lange Gamaschen welche man am Gürtel befestigen kann), hat sich für mich sehr gut bewährt. Man schwitzt zwar unter der Pelerine aber es ist das einzige, was auf die Dauer wirklich dicht hält. Goretex-Regenjacken lassen irgendwann auch durch. Das einzige Problem welches ich hatte war, wenn ich mal Pinkeln musste, da wünsche ich mir manchmal ein Mann zu sein (im Handel soll es ja so trichterförmige Tüten für Frauen geben...;-)). Ziemlicher Trip kann ich nur sagen im strömenden Regen, zuerst Pelerine ausziehen, dann Rucksack absetzen und zu allem Überdruss habe ich mich noch direkt in Kletten gesetzt welche ich dann überall in den Hosen hatte. Auch wenn es mich im Nachhinein zum Lachen bringt, es war überhaupt nicht lustig!!!
Nach Cahors fängt dieses Kalkgebirge an und wenn es regnet wird alles lehmig und man hat dicke Stollen unter den Schuhen. Man schleppt dann noch ein paar Kilos mehr mit und kann die Füsse kaum mehr heben. War ziemlich anstrengend aber da es meiner Psyche recht gut ging war es zu bewältigen. Es ist schon erstaunlich, wie sehr die Tagesform auch von der Psyche abhängt und nicht nur von der körperlichen Fitness. Ist man guter Dinge bewältigt man auch so genannte Herausforderungen besser als wenn man schlechte Laune hat und sich noch zusätzlich selber im Wege steht.
Um 16.00 Uhr war ich im Gîte Communal von Lascabanes (sehr zu empfehlen!!) und musste erst einmal lachen als ich all die völlig verdreckten Schuhe im Gestell stehen sah. Habe meine dazu gestellt und beschlossen sie später zu reinigen, was ich dann später auch gemacht habe. Die Gîte ist mit viel Liebe perfekt organisiert, hier wird wirklich an alles gedacht. Auf einer Tafel steht in welchem Zimmer man untergebracht ist, wenn man nicht reserviert hat sieht man gleich ob noch ein Bett frei ist. Zudem gibt es eine kleine Epicerie vor allem mit Lebensmittel für Rucksackpilger. Bei den Lebensmitteln kann man sich selber bedienen und wirft dann einfach das Geld in eine Kasse. Der Esssaal ist zudem ein wunderschönes Kellergewölbe.
Ich teile das Zimmer mit den zwei kauzigen Engländern welche ich schon in Limogne und Cahors getroffen habe. War ehrlich gesagt nicht gerade begeistert und das hat man mir wohl auch angemerkt. Habe dann beschlossen nett zu sein und das eine oder andere Wort mit ihnen zu wechseln aber sehr gesprächig war ich nicht.
Dafür war das Abendessen eine Klasse für sich; einfach köstlich (hier unbedingt Halbpension einplanen!).
Habe von einem französischen Ehepaar erfahren, dass die Übernachtungsmöglichkeit im L'hospitalet gar nicht zu empfehlen ist. Die Gastgeberin sei sehr unfreundlich. Zum Frühstück gab es nur hartes Brot und als sie reklamiert haben, haben sie zur Antwort bekommen, dass andere froh wären wenn sie überhaupt Brot kriegen würden. Dies zur Info für welche die den Umweg nach l'Hospitalet vorhaben.

Christine, eine Krankenschwester, hat sich 6 Monate Auszeit genommen und macht in der Zeit den Jakobsweg. In Frankreich ist dies scheinbar nicht so ein Problem, eine Auszeit zu nehmen da Krankenschwestern sehr gesucht sind. Nach den Herbstferien wird sich dann herausstellen ob ich im Frühjahr auch eine Auszeit bekomme wenn nicht gebe ich mir selber eine...;-). Wir haben uns dann noch mit einem Glas Rotwein nach draussen gesetzt und geplaudert. Es war so richtig herbstlich kühl und neblig. Wir mussten dann noch fast durchs Fenster wieder ins Haus da die Eingangstüre schon abgeschlossen war aber ein netter Pilger hat uns doch noch reingelassen. Anschliessend habe ich mich mit meinem i-Pod ins Bett gelegt und den zwei Engländern eine Gute Nacht gewünscht. Der i-Pod bewährt sich übrigens auch, hilft nämlich auch beim Einschlafen. Der einzige Nachteil ist, dass man noch ein zusätzliches Ladegerät mitschleppen muss, mittlerweile sind es schon drei! Einer fürs Handy, einer für die Kamera und einer für den i-Pod!!!

Lauzerte (Les Figuiers, Halbpension € 26), 6. Oktober 2007
Bin in Lauzerte, einer mittelalterlichen Stadt (einer der schönsten Städte Frankreichs). Habe schon wieder Glück mit meiner Wahl der Übernachtung. Bin im Les Figuiers bei Mr. und Mme. Reversat abgestiegen (Sehr nette Gastgeber; sehr zu empfehlen!). Zur Begrüssung bekam ich einen köstlichen Sirup (Violet?) und habe mich mit Mme. unterhalten. Habe ein Zimmer ganz für mich alleine und geniesse es wieder einmal ohne Ohrstöpsel schlafen zu können. Habe nach dem Duschen eine kleine Stadtbesichtigung gemacht. Es ist wirklich sehr schön hier. Auf dem Platz vor der Kirche habe ich mich in eine Bar gesetzt wo gerade eine Band geprobt hat. Die geben heute Abend hier ein Popkonzert. Hat richtig gut getönt, weiss aber nicht ob ich es nach dem Essen noch einmal hier hoch schaffe. Die Altstadt liegt nämlich oben auf dem Hügel.
Das Essen war übrigens wieder einmal köstlich und zum Abschluss gab es noch einen Verveine Likör (Eisenkraut). Diese Spezialität kenne ich schon aus Le Puy.
Habe von anderen gehört, dass der Gîte communal hier eine Katastrophe sei. Man hatte ohne etwas zu sagen die Kochplatte entfernt und zudem waren die Betten verwanzt!!! Auch das Hotel sei nicht zu empfehlen in Lauzerte.
Heute Morgen war es total neblig als ich in Lascabanes gestartet bin. Habe schöne Nebelaufnahmen gemacht (mit Blitz hat man lauter kleine Tropfen im Bild). Es war eine wunderschöne Stimmung in diesem Nebel zu laufen, er war nie so dicht, dass man nichts mehr gesehen hätte. Meine Haare haben sich völlig gekringelt von der Feuchtigkeit und waren voller kleiner Wassertropfen.


Vor ein paar Tagen, in Le Pech, habe ich Hortense kennen gelernt, sie kommt aus Kanada und hat vor bis St. Jean Pied de Port zu laufen. Wir sind heute immer wieder einmal ein Stück zusammen gelaufen. Sie ist dann aber noch weiter als Lauzerte. Kurz vor Lauzerte hat es ein extrem steiles Stück Weg zu bewältigen welches ich nicht bei Regen laufen möchte. Ich hatte Glück der Regen war gestern...;-) und ich bin in kleinen Serpentinen runtergelaufen (in diesen Situationen bin ich immer wieder froh einen Wanderstock zu haben).

Moissac (Moulin de Moissac, bin eingeladen..;-)), 7. Oktober 2007

Bin im Moulin de Moissac, ein ganz schickes Hotel. Als erstes habe ich mich gleich mal in die Badewanne gelegt. Was für ein Luxus für meine schmerzenden Glieder. Es hat sogar eine Nespresso Kaffemaschine, muss ich wohl nicht sagen, dass ich die auch gleich getestet habe. Um 19.30 kommt Christian an und ich bin mal gespannt wie das sein wird, schliesslich haben wir uns ein Jahr nicht gesehen. Wäre eigentlich lieber in eine Gîte und hätte ihn dann zum Essen getroffen um uns langsam wieder aneinander zu gewöhnen. Aber er hatte schon ein Hotel gebucht und ich wollte ihn nicht enttäuschen. Na ja mal sehen was da auf mich zukommt.
Heute bin ich ca. 26 km gelaufen, um 7.30 war ich schon unterwegs. Es hat gerade angefangen hell zu werden und war wieder einmal neblig wie eigentlich immer Morgens die letzten Tage. Mr. Reversat hat mir noch eine Abkürzung gezeigt, wie man schneller zur Stadt hinauskommt. Er hat mir auch gesagt, dass ich mich unbedingt nochmal nach der Stadt umdrehen soll, es lohne sich. Er hatte recht es war wunderschön Lauzerte im Nebel auf dem Hügel zu sehen.
Morgens habe ich immer am meisten Energie, die hält so für 2.5 Std. Nach dem Mittag habe ich meistens schon die Hälfte der Etappe zurückgelegt. Am Nachmittag nehme ich es dann gemütlicher und mache mehr Pausen da ich langsam auch müde werde.
Habe dann unter einem schönen Baum eine Rast eingelegt und etwas gegessen. Da kam eine schnatternde Frauengruppe vorbei welche ich teilweise schon in Lascabanes und Lauzerte getroffen hatte. Vor lauter Schwatzen haben sie die falsche Abzweigung genommen, nimmt mich Wunder, wann sie es gemerkt haben. Der GR war in zwei Richtungen markiert und zuerst habe ich noch gedacht, der andere Weg sei eine Variante aber eigentlich zeigte er in die Richtung von wo wir gekommen waren. Auf jeden Fall war es zu spät sie zurück zurufen sie waren schon über alle Berge. Ich verlaufe mich eher selten und wenn merke ich es ziemlich schnell da mich mein Instinkt warnt.
In der Auberge de l'Aube Nouvelle habe ich einen sehr guten Lavazza Kaffee bekommen und der Monsieur hat mir auch noch meine Wasserflaschen aufgefüllt. Scheint auch ein schönes Plätzchen zu sein um zu übernachten. Bin dann voller Elan weiter gewandert. Überhaupt habe ich diese 26 km locker gemeistert. Unterwegs habe ich wieder einmal Hortense getroffen und wir sind das letzte Stück bis Moissac zusammengelaufen. Sie hat mir übrigens gesagt, dass sie im Tag so ca. € 20 braucht. Sie kocht auch immer selber, es ist mir aber auch aufgefallen, dass sie in der Gîte öfters von den anderen Pilgern zum Mitessen eingeladen wird. Was ja eine schöne Geste ist. Sie wird in Moissac einen Ruhetag einlegen und deshalb werden wir uns wohl nicht mehr sehen. Wünsche ihr noch viel Glück auf ihrem Weg nach St. Jean Pied de Port.
In Moissac angekommen habe ich zuerst einmal die Kirche und den Kreuzgang besucht. Die Kathedrale ist gewaltig und der Kreuzgang einfach wunderschön. Anschliessend habe ich auf dem Platz ein Bier getrunken und bin erst um 18.30 im Hotel angekommen. Ich mag ja Hotels nicht so sehr, werde mich wohl aber wieder daran gewöhnen müssen, da ich ja bald mit einem Dreisterne-Pilger unterwegs sein werde, so nenne ich Christian immer ...;-). Christian ist dann angekommen und anschliessend sind wir Essen gegangen. Es war irgendwie vertraut ihn wiederzusehen und doch auch wieder fremd wenn man sich ein Jahr lang nicht gesehen hat.

Auvillar, (Übernachtung mit Frühstück € 20), 8. Oktober 2007
Heute sind wir zusammmen 20 km gelaufen und angefühlt hat es sich wie 100 km. Habe letzte Nacht extrem schlecht geschlafen. Bin es nicht mehr gewohnt zusammen in einem Bett zu liegen und zudem wollte mich Christian die ganze Zeit umarmen. Hilfe, dass ist mir zu eng!!! Bin seit zwei Jahren wieder Single und diese Nähe nicht mehr gewohnt! Habe mir den ganzen Tag überlegt, wie ich es Christian beibringe, dass ich lieber alleine weiterlaufen und auch wieder alleine schlafen möchte. Den ganzen Weg über war ich in Gedanken und überhaupt nicht im Hier und Jetzt. Dies hat mich extrem viel Energie gekostet und ich kam nie in meinen Rhythmus. Es fing morgens schon damit an, dass es 9.00 wurde bis wir endlich losgelaufen sind. Ich bin normalerweise immer zwischen 7.30 und 8.00 gestartet. Der frühe Morgen ist für mich die schönste und kostbarste Zeit, da habe ich am meisten Energie. Ja, es ist schwierig für mich umzustellen, bin es einfach gewohnt alleine zu laufen und Kompromisse machen zu müssen an das muss ich mich erst wieder gewöhnen. Habe mir vorgenommen beim Abendessen mit ihm darüber zu reden.

Habe mit Christian geredet und irgendwie ist es auch gleich etwas leichter geworden. Habe dann auch wieder gemerkt, dass ich ihn ja eigentlich ganz gut mag. Haben für Morgen abgemacht, dass ich früher als er starten werde, also zu meiner normalen Zeit und er will noch auf die Post um Kleider die er nicht braucht zurückzusenden. Somit werde ich Morgen alleine starten und das ist gut so. Es ist immer gut darüber zu reden auch wenn es einem schwer fällt.

Castet Arrouy (Halbpension € 22.50), 9. Oktober 2007

Wir sind ganz alleine im Gîte communal von Castet Arrouy. Ein kleines Nest in der Gasconne. Habe heute mal wieder alle meine Kleider in der Waschmaschine gewaschen und habe jetzt bis sie trocken sind nur meinen Pyjama zum anziehen. Muss somit hier im Haus bleiben. Christian ist mit Tashi raus um zu schauen ob das Restaurant offen hat und/oder man in der Epicerie etwas einkaufen kann. Tashi ist aber wieder zurückgekommen, hat wohl heute keine Lust mehr zu laufen. In der Zwischenzeit ist aber die Betreuerin der Gîte gekommen und ich habe Tashi schnell im Zimmer eingesperrt, da Hunde hier nicht erlaubt sind.
Es hat sich dann herausgestellt, dass die Epicerie hier in der Gîte integriert ist und zwar in einem riesigen Schrank und dass es sonst hier keinen Laden gibt wo man etwas einkaufen könnte. Habe dann Christian angerufen, er solle zurückkommen. Er wollte gerade ein Taxi organisieren um nach Miradoux zurückzufahren und etwas zum Essen einzukaufen. Das Restaurant hat nämlich geschlossen. Hier in der Gîte kann man aber alles einkaufen und wir haben uns ein kleines Menü zusammengestellt. Es gab Ente mit Zwetschgen und Teigwaren, anschliessend Käse und zum Dessert ein Cornet. Fast schon ein kleines Festmahl...;-).
Sobald es einen Fernseher hat muss die Glotze auch gleich angestellt werden und das nervt mich total. Wenigstens wenn ich auf dem Pilgerweg bin möchte ich vom Fernseher meine Ruhe haben. Zu Hause lese ich die Zeitung und schaue mir die Nachrichten an aber jetzt möchte ich von der Welt einfach mal nichts hören. Auf dem Weg zu sein bedeutet für mich auch eine Pause zu haben und zwar von allem. Habe Christian gebeten, wenigstens während dem Essen den Fernseher abzustellen und anschliessend habe ich mich ins Zimmer zurückgezogen um Tagebuch zu schreiben. Wir leben nun mal wirklich in zwei total verschiedenen Welten. Mir macht es nichts aus in einer Gîte zu schlafen, auch das Zimmer mit anderen Pilgern zu teilen stört mich nicht. Eigentlich brauche ich nur eine Dusche, etwas zum Essen und ein Bett. Für Christian ist die Gîte eigentlich unter seiner Würde und wenn er es einrichten kann schläft er immer im Hotel. Nur hier gibt es keines!

Ich hatte heute einen sehr guten Tag. Bin bis 15.00 alleine gelaufen und es lief sehr gut. Die letzten 5 km sind wir dann zusammengelaufen. Es war den ganzen Tag dunstig aber die Stimmung war wunderschön, wie ein Aquarellgemälde. In der Ferne hat man ein riesiges Schloss gesehen und an einer alten Burgruine bin ich auch noch vorbeigekommen. Man sieht teilweise auf dem Weg sehr schöne Gebäude und Schlossanlagen.
Morgen werden wir bis Marsolan laufen und dann entscheiden, ob wir noch bis La Romieu weitergehen. Das wären 29 km, mal sehen wie das Wetter Morgen ist. Werde versuchen um 7.30 loszulaufen, wenn möglich wieder alleine. Unvorstellbar, dass ich 29 km in Begleitung schaffe...:-). Habe nur noch zwei Tage und dann bin ich schon in Condom. Verrückt wie schnell die Zeit vergeht.

Marsolan (Halbpension € 19), 10. Oktober 2007

Na heute war ja vielleicht garstiges Wetter. Wir sind in Castet Arrouy kaum zur Gîte rausgekommen als es schon anfing zu regnen und wir uns in die Regenmontur stürzen mussten. Es hat fast ununterbrochen geregnet bis Lectoure. Es waren sehr schöne Wege nur leider ziemlich nass und windig. Man sieht immer wieder Jäger mit ihren Hunden. Oft stehen sie einfach in einem Feld und warten auf das Wild.

In Lectoure sind wir ca. um 10.45 angekommen und haben dann eine lange Pause gemacht. Es hat immer noch in Strömen geregnet und wir haben beschlossen zu Mittag zu essen und nur bis Marsolan weiterzulaufen. Ich habe mir dann noch eine Salbe gegen meine Sonnenallergie gekauft, da ich nachts angefangen habe mich wie wild zu kratzen. Das einzige was da hilft ist eine Cortisonsalbe. Um 14.45 sind wir dann endlich weiter. Es hatte aufgehört zu regnen und teilweise ist sogar die Sonne rausgekommen. Man hatte immer wieder wunderschöne Ausblicke zurück auf Lectoure.
Kurz vor Marsolan kam dann wieder ein richtiger Wolkenbruch. Christian hatte sich gerade auf eine Bank gelegt und wollte sich etwas ausruhen. Ich war schon damit beschäftigt meine Regenklamotten anzuziehen, da ich die dicke schwarze Wand ziemlich schnell auf uns zukommen sah. Christian wollte mir nicht glauben, dass es gleich wieder losgeht und hatte dann einen ziemlichen Stress bis er sein Regencape anhatte. Es fing nämlich an tierisch zu winden. So ein Regencape schnell anzuziehen ist nicht so ganz einfach vor allem wenn es dazu noch heftig windet und man alleine unterwegs ist. Zu zweit kann man sich wenigstens gegenseitig helfen das Teil über den Rücksack zu ziehen.
Die letzten 4 km waren mal wieder richtig mühsam aber das war der Preis den ich für das Mittagessen bezahlen musste. Ich bin dann auch eher schleichend als laufend in der Gîte von Marsolan angekommen. Kurz davor hat es auch noch angefangen zu donnern und ich habe die Gîte nicht gleich auf Anhieb gefunden. Wenn ich vor etwas wirklich Angst habe unterwegs, dann sind es Gewitter und Hagel!
Wir hatten Glück, dass wir hier untergekommen sind, da man zu dieser Jahreszeit besser 2 Tage im voraus reserviert. Ein Bett zu kriegen ist meistens kein Problem aber man riskiert hungrig ins Bett zu gehen wenn man nicht noch Proviant im Rucksack hat. Hier war es auch so aber die Madame hatte noch ein Stück Braten und dazu Teigwaren. Dazu hatten wir noch 2 Tomaten und 2 Aepfel und das Abendessen war gerettet.
Christian sitzt mal wieder vor dem Fernseher und ich habe mich wieder ins Zimmer zurückgezogen um Tagebuch zu schreiben. Habe meine Skiunterwäsche angezogen und liege im Schlafsack, so ist es richtig schön warm. Heute war es zum ersten Mal so richtig herbstlich nass und kalt. Es ist eine sehr schöne Gîte hier, wieder einmal sehr zu empfehlen.
Seit Moissac begegnen uns kaum mehr Wanderer oder Pilger nur noch Jäger. Die meisten haben wohl in Moissac aufgehört. Bin gespannt ob ich Hortense in Condom noch mal treffe da ich ja auch einen Ruhetag einlegen werde. Werde die erste Nacht mit Christian nochmal im Hotel verbringen und die zweite Nacht bei Roland Miotke in La Maison du Pélérin. Samstag Morgen werde ich dann wohl den Zug zurück in die Schweiz nehmen.

Condom, (Hotel Continental, Halbpension € 45)11. Oktober 2007

Heute war ein sehr schöner Tag. Morgens schien die Sonne und der Dunst fing an sich zu heben. Es war wunderschön und sah mal wieder aus wie auf einem Gemälde. Habe so viele Fotos gemacht, dass ich kaum mehr zum laufen kam. Der Weg war teilweise ziemlich morastig und wir hatten mal wieder Stollen unter den Schuhen. Ich musste total lachen, als ich Christian vor mir laufen sah mit den morastig braunen Wanderschuhen. Es hat ausgesehen als hätte er Elefantenfüsse...;-). Der Weg führte auch an einer Deponie vorbei und das war so ziemlich das hässlichste was mir bis jetzt auf meinen Wanderungen in Frankreich begegnet ist.
Dafür sind wir später an einer wunderschönen Kapelle vorbeigekommen, Sainte Germaine, wo man sich gut ausruhen konnte da es im Garten einen Picknicktisch gab. Die Gelegenheiten, wo man sich am Weg gemütlich niederlassen kann sind eher selten und deshalb wird fast jede ausgenutzt. Hier ist uns auch wieder ein Pilger aus der Schweiz begegnet. Er kommt aus Luzern war aber nicht so gesprächig und ist gleich weitergezogen. Er geht auch bis Condom. Habe heute auch noch einen elektrischen Schlag bekommen als ich Baumnüsse einsammeln wollte. Habe mit der Hand den Zaun runtergedrückt (ja, ja tut man nicht), da es auf der anderen Seite noch viele schöne Nüsse hatte und ganz schnell wieder losgelassen. Habe das Nüsse einsammeln dann Christian überlassen...;). So ein kleiner elektrischer Schlag soll ja gesund sein, ist aber eher unangenehm.
In Condom sind wir im Hotel Continental abgestiegen, da ich Christian an unserem letzten gemeinsamen Abend keine Gîte zumuten wollte. Hätte wohl auch keine Chance gehabt wenn es so viele Hotels gibt...;-). Die Maison du Pélérin hat ihm von aussen auch gar nicht gefallen wobei es von innen nicht schlecht aussieht, habe Bilder im Internet gesehen. Mein Luxuspilger wird morgen alleine weiterziehen und ich werde meinen Ruhetag geniessen und meine Rückreise organisieren.
Wir haben dann noch ein kurze Besichtigungstour gemacht. Die Kathedrale von Condom ist ganz schön gross und wuchtig. Bis jetzt haben es mir auf meinem Weg aber nur zwei Kathedralen wirklich angetan; die eine in Le Puy und die andere in Conques. Da berührt mich wirklich was wenn ich drin sitze. Weiss auch nicht warum aber es ist so. Wir sind dann noch ins Armagnac-Museum und zur Degustation zu einem Armagnac-Händler. Es war sehr interessant dem Händler zuzuhören und zu lernen wie man einen Armagnac richtig geniesst. Da ist eine Riesenphilosophie dahinter und er schmeckt wirklich sehr gut. Den Armagnac sollte man auch immer nach dem Essen geniessen da er beim verdauen helfen soll. Der Armagnac ist die reinste Medizin! Habe mir eine kleine Flasche 12 Jahre alten Armagnac gekauft und werde ihn zu Hause mit Freunden geniessen (nachdem sie eine Einführung im richtigen Armagnac trinken erhalten haben...;-)).
Abends haben wir dann im Restaurant sehr gut gegessen. Diese Etappe wird als meine Luxusetappe abgebucht. Habe pro Reise immer mindestens eine davon welche ich dann total geniesse.

Condom, 12. Oktober 2007
Jetzt sind Christian und Tashi gerade gegangen und ich bleibe gemütlich im Bett liegen. Muss das Zimmer erst um 11.00 verlassen, was für ein Luxus! Schreibe in meinem Tagebuch und geniesse meinen freien Tag. Werde heute die Stadt besichtigen und meine Rückreise für Morgen organisieren.
Der Abschied von Christian war etwas komisch, wahrscheinlich auch weil es nicht so ganz gelaufen ist wie Christian und ich uns das vorgestellt hatten. Es ist wirklich schwierig, am gleichen Punkt weiterzumachen wo man sich das letzte mal getrennt hat, vor allem auch, wenn man sich dazwischen ein ganzes Jahr nicht gesehen hat. Ich stehe heute ganz wo anders als damals als ich Christian zum ersten Mal getroffen habe. Damals hatte ich mich gerade von meiner letzten Beziehung getrennt und heute bin ich glücklicher Single und geniesse das Alleinsein.

Ich muss zugeben, dass es für mich sehr schwer war, vom alleine sein auf gemeinsames Laufen umzustellen. Ich musste diesen Raum welchen ich ganz für mich alleine hatte und wo ich tun und lassen konnte was ich wollte plötzlich aufgeben und wieder lernen Kompromisse einzugehen. Was mir teilweise nicht sehr gut gelungen ist. Bin wohl etwas ausser Übung...;-). Aber alles in allem war es trotzdem eine gute Erfahrung. Es hat mir wieder einmal gezeigt, wie wertvoll es ist alleine zu laufen.
Wenn ich alleine bin fühle ich mich viel mehr verbunden, mit dem Weg, mit der Natur, mit Gott, mit allen welche diesen Weg schon gelaufen sind und noch laufen werden und mit mir. Es hat dann auch eine spirituelle Dimension welche ich sofort verliere wenn jemand dabei ist. Dann bin ich abgelenkt, man redet, man ist mit seiner Energie beim anderen und nicht mehr im Moment.


Toulouse, 12. Oktober 2007
Ja ganz richtig, ich bin in Toulouse. Sitze in der gleichen Bar, draussen in der Halle, trinke Bier und schreibe Tagebuch, wie letztes Jahr nach meiner ersten Wanderung von Le Puy nach Conques. Habe ein Deja vue...;-).
Eigentlich wollte ich mir ja einen schönen faulen, freien Tag machen aber daraus ist leider nichts geworden. Wollte am Nachmittag mein Zugticket für Samstag buchen und dann hiess es ich hätte dann keinen Zug ab Toulouse. Ich musste mich schnell entscheiden und habe dann um 17.00 Uhr den Bus nach Agen genommen. Von Agen bin ich mit dem TGV nach Toulouse und nun warte ich genau wie letztes Jahr 4 Stunden bis mein Zug nach Genf fährt. Bin schon bei meinem dritten Bier und die Zeit vergeht nur sehr langsam.

Genf, 13. Oktober 2007
Hatte wieder einen Liegewagen und habe sogar recht gut geschlafen, genau wie letztes Jahr...;-). Irgendwie scheint sich da was dauernd zu wiederholen.
Sitze im Speisewagen und geniesse ein richtig gutes Frühstück mit viel Kaffee, genau wie letztes Jahr...;-) und wenn ich zu Hause ankomme werde ich als erstes ein warmes Bad nehmen, genau wie letztes Jahr...;-).
Fühle mich rundum wohl und freue mich wieder auf zu Hause. Einfach zu Hause sein!
Ja und dies ist das Ende meiner Eintragungen, denn irgendwie weiss ich gar nicht mehr was ich schreiben soll. Ich werde jetzt einfach still sein und die Zugfahrt geniessen im Speisewagen.

ULTREIA!!! Immer weiter....